„Angst-Sparen“ senkt Überschuldung in Deutschland

Von Karin Gutmann
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Die aktuelle Studie „Schuldneratlas Deutschland 2024“ von Creditreform zeigt, dass die Zahl der überschuldeten Personen auf 5,56 Millionen gesunken ist – der niedrigste Stand seit Beginn der Erhebungen 2004. Die Überschuldungsquote sank auf 8,09 Prozent. Trotz dieser positiven Entwicklung sehen Experten einen besorgniserregenden Grund: Viele Menschen praktizieren sogenanntes „Angst-Sparen“. „Die deutschen Verbraucher sind verunsichert und haben Angst vor der Zukunft“, erklärt Patrik-Ludwig Hantzsch von Creditreform. Dies führt dazu, dass Ausgaben eingeschränkt und Anschaffungen verschoben werden.

Zurückhaltender Konsum und gesteigerte Sparquote

Die unsichere wirtschaftliche Lage, der Krieg in der Ukraine und andere globale Ereignisse treiben viele Menschen dazu, ihr verfügbares Einkommen zu sparen. Laut dem Statistischen Bundesamt legten Verbraucher im ersten Halbjahr 2024 rund elf Prozent ihres Einkommens zurück. Eine Umfrage der Unternehmensberatung EY zeigt, dass nur ein Viertel der Befragten auf eine Verbesserung ihrer finanziellen Lage im kommenden Jahr hofft.

Betroffene Gruppen und Ursachen

Trotz des gesunkenen Gesamtniveaus bleibt die Überschuldung für bestimmte Bevölkerungsgruppen ein ernstes Problem. Besonders Geringverdiener sind stark betroffen, da sie mit hohen Energie- und Lebensmittelpreisen zu kämpfen haben. Alleinerziehende Frauen sind ebenfalls überdurchschnittlich betroffen, obwohl Männer insgesamt häufiger überschuldet sind. Besonders hohe Überschuldungsraten gibt es in Bremerhaven, Pirmasens und Gelsenkirchen.

Während in der Vergangenheit Arbeitslosigkeit der häufigste Grund für Überschuldung war, ist dieser 2024 von Faktoren wie Krankheit, Sucht und Unfällen überholt worden. Diese machen mehr als 18 Prozent der Überschuldungsfälle aus. Die stabile Beschäftigungslage erklärt den Rückgang der arbeitslosenbedingten Überschuldung, doch Hantzsch warnt: „Für das laufende und kommende Jahr wird der Verlust von Arbeitsplätzen wieder mehr ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken.“

Risiko durch Ratenkredite und „Buy now, pay later“

Eine wachsende Zahl an Menschen überschuldet sich durch Kleinkredite, insbesondere durch „Buy now, pay later“-Angebote. Fast die Hälfte der neu aufgenommenen Ratenkredite sind mittlerweile Kleinkredite unter 1.000 Euro. Verbraucherschützer warnen, dass solche Angebote dazu verleiten könnten, mehr zu konsumieren, als finanziell vertretbar ist. „Nutzen Sie die Funktion (…) am besten nur in Ausnahmefällen“, rät die Verbraucherzentrale NRW.

Herausforderungen für Schuldnerberatung und EU-Maßnahmen

Ines Moers von der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung betont, dass trotz des Rückgangs der Überschuldung noch Handlungsbedarf besteht: „Die Zahl der betroffenen Personen ist immer noch deutlich zu hoch. Wir können den Bedarf nicht bedienen.“ Viele Beratungsstellen sind personell unterbesetzt und finanziell eingeschränkt.

Eine neue EU-Verbraucherkreditrichtlinie, die bis Ende 2025 in nationales Recht umgesetzt werden muss, soll für mehr Transparenz sorgen und auch bei kleineren Krediten eine Kreditwürdigkeitsprüfung vorschreiben.

Der Rückgang der Überschuldung zeigt, dass viele Menschen in Deutschland sparsamer leben, oft aus Angst vor unsicheren Zeiten. Dennoch bleibt das Risiko für bestimmte Gruppen bestehen und Maßnahmen zur finanziellen Stabilität sind weiterhin dringend notwendig.

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