Chipmangel bringt Autozulieferer in Bedrängnis
Die angespannte Lage auf dem Halbleitermarkt trifft nun auch den deutschen Industriekonzern Bosch. Wegen fehlender Chips hat das Unternehmen im Werk Salzgitter Kurzarbeit eingeführt. Grund ist die sich zuspitzende Versorgungskrise rund um den umstrittenen Chiphersteller Nexperia, deren Folgen mittlerweile weite Teile der deutschen Autoindustrie erfassen. Nach Angaben der IG Metall kämpfen mehrere Zulieferbetriebe mit ernsthaften Engpässen in der Materialversorgung.
IG Metall warnt vor Dominoeffekt in der Branche
Der bayerische IG-Metall-Bezirksleiter Horst Ott erklärte in München, dass es „bereits in verschiedenen Bereichen starke Schwierigkeiten gibt, wo Kurzarbeit angemeldet wurde“. Die Situation sei ernst, da viele Betriebe nach dem Prinzip der „just-in-time“-Fertigung produzierten und somit kaum Puffer für Ausfälle hätten. Wenn ein zentraler Chip fehle, stehe oft die gesamte Produktionslinie still. Ott befürchtet, dass in den kommenden Wochen weitere Standorte betroffen sein könnten.
Bosch reagiert auf Stillstand mit Kurzarbeit
Auch Mario Gutmann, Mitglied des IG-Metall-Vorstands und Betriebsrat bei Bosch in Bamberg, bestätigte die schwierige Lage: „Im Werk Salzgitter mussten wir Kurzarbeit anmelden, weil die Materialknappheit unsere Abläufe direkt trifft.“ Bosch zählt zu den Schlüsselunternehmen im Bereich Sensorik, Steuergeräte und Halbleiterintegration – und ist damit besonders abhängig von einer stabilen Chipversorgung. Die aktuelle Knappheit zwingt das Unternehmen, Produktionspläne anzupassen und Fertigungskapazitäten zu drosseln, um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden.
Geopolitische Spannungen belasten Lieferketten
Der Hintergrund der Krise liegt im politischen Konflikt zwischen China und den Niederlanden um den Halbleiterproduzenten Nexperia. Nachdem die niederländische Regierung den Einfluss des chinesischen Mutterkonzerns Wingtech eingeschränkt hatte, reagierte Peking mit Exportverboten für zentrale Bauteile. Diese sind für zahlreiche europäische Automodelle unverzichtbar – darunter auch jene, für die Bosch Komponenten liefert. Die Folge: Ein Dominoeffekt entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Industrie fordert europäische Unabhängigkeit bei Chips
Branchenvertreter sprechen von einem Weckruf für die Politik. Die deutsche Wirtschaft müsse sich dringend unabhängiger von außereuropäischen Lieferanten machen. Ein Sprecher des Verbands der Automobilindustrie (VDA) betonte, dass „die Abhängigkeit von wenigen asiatischen Produzenten zur Achillesferse der Industrie geworden ist“. Experten fordern den Ausbau einer europäischen Chipproduktion, wie sie mit dem „European Chips Act“ bereits geplant ist, nun aber beschleunigt umgesetzt werden müsse.Für viele Beschäftigte bedeutet die Chipkrise jedoch bereits heute Kurzarbeit und Unsicherheit. Ob sich die Lage im kommenden Jahr entspannt, hängt davon ab, ob die internationalen Handelsbeziehungen wieder Stabilität gewinnen – und ob die deutsche Industrie ihre technologische Souveränität zurückerlangt.
