Wehrdienstgesetz: Neue Regeln für Rekruten und Reserve

Von Heinz Gerhard Schwind
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Bundeswehr auf der Suche nach mehr Personal

Mehr als 14 Jahre nach der Aussetzung der Wehrpflicht will die Bundesregierung die personelle Stärke der Bundeswehr durch ein neues Gesetz sichern. Derzeit verfügt die Truppe über rund 182.000 aktive Soldatinnen und Soldaten. Verteidigungsminister Boris Pistorius hat das Ziel formuliert, die Zahl bis 2035 auf 260.000 Zeit- und Berufssoldaten anzuheben. Parallel dazu soll die Reserve von 100.000 auf 200.000 Kräfte ausgebaut werden. Doch trotz zahlreicher Rekrutierungskampagnen bleibt das bisherige Ergebnis hinter den Erwartungen zurück.

Fragebogen an alle 18-Jährigen

Ab dem kommenden Jahr erhalten alle jungen Erwachsenen zu ihrem 18. Geburtstag einen digitalen Fragebogen. Für Männer gilt eine Pflicht zur Beantwortung, für Frauen eine freiwillige Teilnahme. Dabei wird abgefragt, ob grundsätzlich Bereitschaft zum Dienst in der Bundeswehr besteht. Wer infrage kommt, wird zur Musterung eingeladen.

Auch ältere Jahrgänge ab 2001 können ihre Bereitschaft erklären. Ab dem 1. Juli 2027 soll die Musterung für alle Männer ab Jahrgang 2008 verbindlich sein. Die Maßnahme soll helfen, ein umfassendes Bild über die Zahl der potenziell verfügbaren Rekruten zu gewinnen.

Regierung erhält Flexibilität bei Wehrpflicht

Ein neuer Paragraf im Wehrpflichtgesetz (§ 2a) gibt der Bundesregierung die Möglichkeit, den Grundwehrdienst per Rechtsverordnung wieder zu aktivieren. Dies könnte auch außerhalb eines Verteidigungsfalls geschehen, wenn die Sicherheitslage einen raschen Personalaufwuchs erfordert. Voraussetzung dafür ist die Zustimmung des Bundestages.

Pistorius setzt zunächst auf die Freiwilligkeit: „Wir setzen auf Freiwilligkeit, wir bekommen diese Zahlen.“ Bis Ende des Jahrzehnts sollen „über 100.000 zusätzliche Wehrdienstleistende“ ausgebildet werden, die anschließend die Reserve verstärken.

Kritische Stimmen aus Politik und Verbänden

Die Opposition hält den Gesetzentwurf für unzureichend. CDU-Politiker Norbert Röttgen sagte: „Auf Grundlage dieses Gesetzes wird Deutschland nicht verteidigungsfähig.“ Er bemängelte, dass es weder konkrete Zielgrößen noch feste Fristen gebe, wie es beim schwedischen Modell der Fall sei.

Die Grünen sehen das Konzept ebenfalls kritisch. Fraktionschefin Katharina Dröge sprach von einem „vermurksten Kompromiss“, der im Bundestag wohl keine Zustimmung finden werde.

Der Reservistenverband äußerte Zweifel, ob mit dem Fragebogen ausreichend Personal gewonnen werden könne. Präsident Patrick Sensburg betonte: „Viele glauben, es gibt jetzt wieder eine Pflicht. Die gibt es nicht. Die einzige Pflicht ist, einen Fragebogen auszufüllen.“ Damit lasse sich jedoch kaum die gewünschte Zahl an Reservisten erreichen.

Auch der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, André Wüstner, sieht Defizite. Er erklärte: „Der Gesetzentwurf ist im Vergleich zu früheren Vorlagen zwar ein Fortschritt, reicht aber angesichts der Herausforderungen der Personalgewinnung immer noch nicht aus.

Proteste gegen die Pläne

Nicht nur Politiker, auch Aktivisten wenden sich gegen die geplante Regelung. Mitglieder des Bündnisses „Rheinmetall Entwaffnen“ demonstrierten vor einem Karrierecenter der Bundeswehr in Köln. Sprecher Luca Hirsch erklärte: „Wir sind heute hier, um klar zu sagen: Wir sind nicht kriegsbereit!“ Die Gruppe kündigte weitere Protestaktionen an.

Herausforderungen bei Umsetzung und Infrastruktur

Ein zentrales Problem bleibt die Unterbringung und Ausbildung neuer Rekruten. Schon jetzt mangelt es an Kasernenplätzen und Ausbildungskapazitäten. Pistorius warnte, dass konkrete Zielzahlen im Gesetz derzeit nicht festgelegt werden könnten, da die Strukturen dafür fehlten. Sollte die Freiwilligkeit jedoch nicht die gewünschten Ergebnisse bringen, hält er eine Teilrückkehr zur Wehrpflicht für möglich.

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