Bundesrechnungshof mahnt dringende Reformen an
Der Bundesrechnungshof hat in einem aktuellen Bericht eindringlich vor steigenden Beiträgen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gewarnt. In seinem Schreiben an den Haushaltsausschuss des Bundestages kritisieren die Prüfer, dass die finanzielle Entwicklung ohne grundlegende Reformen nicht tragfähig sei. Sollte die Politik nicht gegensteuern, könnten die Zusatzbeiträge bis zum Jahr 2029 auf über 4 Prozent steigen. Damit würden nicht nur Arbeitnehmer und Arbeitgeber zusätzlich belastet, auch die Konjunktur könnte spürbar gebremst werden.
Milliardenlöcher in den Krankenkassen
Die Lage der GKV hat sich in den letzten Jahren zunehmend verschärft. Laut Bericht wächst das Defizit jährlich um sechs bis acht Milliarden Euro. Besonders gravierend war das Jahr 2024, als die Krankenkassen den stärksten Ausgabenanstieg seit 30 Jahren verzeichneten.
Bereits im ersten Halbjahr 2025 lag der durchschnittliche Zusatzbeitrag bei 2,9 Prozent, deutlich über dem Richtwert von 2,5 Prozent. Rechnet man den allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent hinzu, ergibt sich aktuell eine Gesamtbelastung von 17,5 Prozent.
Entwicklung bis 2029
Prognosen des Bundesgesundheitsministeriums gehen davon aus, dass der Zusatzbeitrag in einem mittleren Szenario bis 2029 auf 4,05 Prozent klettern könnte. Der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, warnte vor noch drastischeren Belastungen: „Wenn nicht gehandelt wird, liegen die Krankenkassenbeiträge langfristig bei 20 Prozent.“
Auch die Grünen-Abgeordnete Paula Piechotta schlug Alarm: „Angesichts der Defizite ist mit einem Beitragssatz von bis zu 18,65 Prozent zu rechnen.“ Für ein Monatsgehalt von 4.000 Euro bedeute das eine Mehrbelastung von rund 750 Euro pro Jahr.
Ursachen für die Kostenexplosion
Der Rechnungshof sieht mehrere Gründe für die rapide Kostensteigerung. Zum einen sei die Abschaffung früherer Sparregeln ausschlaggebend, die früher Ausgaben begrenzt hätten. Zum anderen treiben medizinische Innovationen, teure Therapien und die alternde Gesellschaft die Kosten weiter in die Höhe.
Darüber hinaus belastet die internationale Lage die Branche. Besonders die Zollpolitik der USA und globale Handelskonflikte wirken sich indirekt auf die Gesundheitswirtschaft und die Finanzierung der GKV aus.
Kritik an der Gesundheitspolitik
Die Prüfer werfen der Bundesregierung mangelnden Reformwillen vor. „Der Bund schiebt notwendige Schritte auf die lange Bank“, heißt es in dem Bericht. Insbesondere die geplante Krankenhausreform müsse zügig und konsequent umgesetzt werden, um Effizienzgewinne zu erzielen, die Qualität der Versorgung zu verbessern und stärker auf ambulante Behandlungen zu setzen.
Auch der GKV-Spitzenverband teilt die Kritik. Sprecher Florian Lanz erklärte: „Die Finanzsituation der gesetzlichen Krankenversicherung ist erschreckend schlecht.“ Er forderte ein Ausgabenmoratorium, das verhindern soll, dass Budgets und Honorare schneller steigen als die Einnahmen.
Belastung durch Sozialabgaben insgesamt
Nicht nur die Krankenkassen, auch andere Sozialversicherungen sorgen für steigende Abgaben. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag erreichte 2025 42,3 Prozent, rund 1,5 Punkte mehr als im Vorjahr. Arbeitnehmer und Arbeitgeber tragen diese Last gleichermaßen.
Der Bundesrechnungshof warnt eindringlich davor, dass ohne tiefgreifende Reformen der zunehmende Beitragsdruck die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland ernsthaft gefährden könnte.