Öffentliche Haushalte unter wachsendem Druck
Die finanziellen Folgen der Arbeitslosigkeit haben den deutschen Staat im Jahr 2024 so stark beansprucht wie seit vielen Jahren nicht mehr. Nach aktuellen Berechnungen des Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) summierten sich die gesamtstaatlichen Kosten auf 76,6 Milliarden Euro. Damit lagen die Ausgaben 12,6 Prozent über dem Vorjahreswert und erreichten den höchsten Stand seit 2015. Ausschlaggebend dafür waren sowohl ein deutlicher Anstieg der Zahl der Arbeitslosen als auch höhere Leistungen in der sozialen Absicherung.
Konjunkturelle Schwäche verstärkt Kostenentwicklung
Nach Einschätzung der Arbeitsmarktforscher ist der kräftige Kostenanstieg vor allem Ausdruck der anhaltend schwachen Wirtschaftslage. Die konjunkturelle Abkühlung der vergangenen Jahre hat den Beschäftigungsaufbau gebremst und zugleich den Kreis der Leistungsberechtigten vergrößert. Parallel dazu wurden die Regelsätze in der Grundsicherung angehoben. Auch mit Blick auf 2025 rechnen die Fachleute trotz unveränderter Bürgergeldsätze mit weiter steigenden Ausgaben, da sich die Lage am Arbeitsmarkt bislang nicht stabilisiert hat.
Im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung machten die fiskalischen Folgen der Arbeitslosigkeit 1,77 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. In diese Quote fließen neben direkten Zahlungen auch entgangene Steuereinnahmen und geringere Sozialversicherungsbeiträge ein.
Transferleistungen prägen den Ausgabenblock
Den größten Anteil an den Gesamtkosten verursachen weiterhin direkte staatliche Leistungen. Zahlungen an Beziehende von Arbeitslosengeld und Bürgergeld beliefen sich inklusive der abgeführten Sozialbeiträge auf rund 47 Milliarden Euro. Damit entfielen etwa 61 Prozent der gesamten Belastung auf diesen Bereich.
Hinzu kamen erhebliche Einnahmeverluste. Durch geringere Steuerzahlungen und ausbleibende Beiträge zur Sozialversicherung gingen dem Staat 29,6 Milliarden Euro verloren. Diese indirekten Effekte erhöhen die finanzielle Gesamtbelastung erheblich und wirken sich auf sämtliche öffentlichen Haushalte aus.
Bürgergeld dominiert als größter Einzelposten
Innerhalb der staatlichen Leistungen stellt das Bürgergeld den mit Abstand größten Kostenfaktor dar. Einschließlich verbundener Leistungen wie der Übernahme von Miet- und Heizkosten beliefen sich die Ausgaben hierfür auf 25,1 Milliarden Euro. Das entsprach einem Anteil von gut 37 Prozent an den gesamten Kosten der Arbeitslosigkeit.
Die Finanzierung verteilt sich auf mehrere Träger. Den größten Teil trägt der Bund mit rund 32 Prozent, gefolgt von der Bundesagentur für Arbeit mit 27 Prozent. Weitere 14 Prozent entfallen auf die gesetzliche Rentenversicherung. Auch Länder und Kommunen sind indirekt betroffen, etwa durch ergänzende Sozialausgaben.
Finanzielle Reserven der Arbeitsagentur erschöpft
Besonders angespannt ist die Lage bei der Bundesagentur für Arbeit. Nach Angaben des IAB sind deren Rücklagen infolge des seit über drei Jahren anhaltenden wirtschaftlichen Abschwungs weitgehend aufgebraucht. Für das Jahr 2025 wird ein Defizit von 5,2 Milliarden Euro erwartet.
Die Arbeitsmarktforscher weisen darauf hin, dass langfristig wieder ausreichende Rücklagen erforderlich seien, um finanzielle Stabilität zu gewährleisten. Um ohne zusätzliche Bundesdarlehen auszukommen, benötige die Bundesagentur eine Reserve von mindestens 0,65 Prozent des BIP. Nach heutigem Stand entspräche dies einem Betrag von rund 29 Milliarden Euro.
Arbeitslosigkeit als dauerhafte fiskalische Herausforderung
Die aktuellen Zahlen verdeutlichen die strukturelle Bedeutung der Arbeitslosigkeit für die Staatsfinanzen. Steigende Sozialausgaben, höhere Regelsätze und schwache Beschäftigungsimpulse verstärken sich gegenseitig. Gleichzeitig fehlen dem Staat Einnahmen, die für Investitionen oder andere politische Vorhaben genutzt werden könnten.
Solange sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht deutlich verbessern und der Arbeitsmarkt nicht spürbar entlastet wird, dürfte die finanzielle Belastung für Bund und Sozialversicherungen hoch bleiben. Die Entwicklung unterstreicht, wie eng Haushaltslage und Beschäftigung miteinander verknüpft sind.
