Ein neuer Wachstumsmarkt: ein strategischer Schritt in die Energiezukunft
Was einst als ferne Vision erschien, hat 2025 eine klare Richtung bekommen: Die großen US-Technologiekonzerne Amazon, Google, Meta und Microsoft treiben den Ausbau der Kernenergie aktiv voran. Dies ist keine politische Geste, sondern eine strategische Antwort auf die rasant steigende Nachfrage nach Energie durch Künstliche Intelligenz (KI), Cloud-Infrastruktur und datenintensive Anwendungen.
Im März 2025 erklärten die genannten Unternehmen ihre Unterstützung für das ambitionierte Ziel, die globale Kernenergie-Kapazität bis 2050 mindestens zu verdreifachen. Diese Verpflichtung wurde von mehr als 20 Ländern, darunter die USA, unterzeichnet und ist Teil einer Initiative, die auch Unterstützung von großen Finanzinstitutionen wie Goldman Sachs, Morgan Stanley und Bank of America erhält.
Für Investoren bedeutet dies, dass die Nachfrage nach Kernenergie zunehmend industriegetrieben ist und nicht länger nur durch politische Subventionen oder kurzfristige politische Initiativen vorangetrieben wird.
Der massive Energiebedarf der Rechenzentren
Ein zentrales Thema dieser Entwicklung ist der enorm wachsende Strombedarf von modernen Rechenzentren. Insbesondere KI-Rechenzentren erreichen mittlerweile einen Energieverbrauch von bis zu 5 Gigawatt pro Standort. Zum Vergleich: Ein herkömmliches Kernkraftwerk liefert rund 800 Megawatt kontinuierliche Energie.
Eine Deloitte-Studie aus dem Frühjahr 2025 prognostiziert, dass Kernenergie bis 2035 bis zu 10 Prozent des gesamten Energiebedarfs von Rechenzentren decken könnte. Diese langfristige Nachfragebasis stellt für Anleger eine stabile und kalkulierbare Cashflowquelle dar, die weit über die Schwankungen wetterabhängiger Energien wie Wind und Sonne hinausgeht.
Amazon setzt Maßstäbe mit langfristigem Energievertrag
Ein herausragendes Beispiel für das Engagement der großen Tech-Konzerne in der Kernenergie ist der 1,9-Gigawatt-Vertrag, den Amazon im Juni 2025 mit Talen Energy abgeschlossen hat. Der Vertrag sichert Amazon die Lieferung von Kernenergie aus dem Susquehanna Nuclear Power Plant in Pennsylvania bis zum Jahr 2042. Das vollständige Abkommen soll bis spätestens 2032 das gesamte Energievolumen erreichen und sichert Amazon eine zuverlässige Energiequelle für seine Rechenzentren.
Mac McFarland, CEO von Talen Energy, sagte dazu:
„Unser Abkommen mit Amazon sorgt für eine langfristige, stabile Einnahmequelle und bietet uns eine bessere Flexibilität bei der Bilanzierung durch fest vereinbarte Einnahmen.“
Dieser Vertrag stellt für Investoren ein klares Signal dar: Langfristige Kernenergie-Abnahmevereinbarungen bieten nicht nur eine zuverlässige Versorgung, sondern auch Planungssicherheit für die Energieanbieter. Gleichzeitig hat Amazon mit einem 20 Milliarden US-Dollar-Investitionsprogramm in Pennsylvania sein Engagement in die regionale Infrastruktur unterstrichen.
Small Modular Reactors (SMRs): Der nächste Schritt für Amazon
Das zweite große Projekt von Amazon im Bereich der Kernenergie ist die Cascade Advanced Energy Facility im Bundesstaat Washington. Ursprünglich war die geplante Kapazität auf 320 Megawatt ausgelegt, nun soll die Anlage auf bis zu 960 Megawatt ausgebaut werden.
Die Small Modular Reactors (SMRs) des Typs Xe-100, entwickelt von X-energy, werden hier eingesetzt. Diese Reaktoren bieten 80 Megawatt pro Einheit und sollen 12 Module umfassen, die in mehreren Phasen gebaut werden. Die Finanzierungsstruktur ist bemerkenswert: Amazon beteiligt sich direkt an der Finanzierung, was den Kernfusionstechnologie-Sektor von den traditionellen Stromabnahmeverträgen unabhängig macht. Daniel Gross, Direktor des Amazon Climate Fund, erklärte hierzu:
„Ein Power Purchase Agreement (PPA) für Solar- oder Windprojekte reicht in der Regel aus, um solche Projekte zu finanzieren. Bei innovativen Kerntechnologien jedoch braucht es mehr als das – Eigenkapital von Großabnehmern ist entscheidend für den Erfolg.“
Der Wettbewerb im Bereich der Generation-IV-Reaktoren
Der Ausbau von SMRs ist nicht nur ein Thema in den USA, sondern auch Teil eines globalen Wettbewerbs. China hat bereits im Dezember 2023 den ersten Generation-IV-Reaktor in Betrieb genommen. Diese fortschrittliche Technologie verspricht, die Effizienz und Sicherheit in der Energieproduktion zu verbessern und gleichzeitig den Energieverbrauch zu reduzieren. USA-basierte Unternehmen wie X-energy, TerraPower und Kairos Power kämpfen nun darum, diesen technologischen Rückstand aufzuholen.
J. Clay Sell, CEO von X-energy, betonte:
„Dank der Unterstützung von Amazon konnten wir den Fortschritt unserer Technologie erheblich beschleunigen. Das Ausmaß dieses Projekts ist historisch.“
Die SMRs bieten gegenüber traditionellen Kernkraftwerken zahlreiche Vorteile, darunter eine geringere Baugröße, höhere Sicherheitsstandards und die Möglichkeit, die Kapazität je nach Bedarf anzupassen.
Kapitalbedarf und Uran-Nachfrage: Risiken und Chancen
Trotz der vielversprechenden Aussichten bleibt der Ausbau von SMRs eine kapitalintensive Angelegenheit. Die aktuelle Pipeline von 47 Gigawatt an Projekten erfordert Investitionen in Höhe von etwa 300 Milliarden US-Dollar. Verzögerungen und höhere Kosten sind daher nicht ausgeschlossen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der langfristige Bedarf an Uran. Der geplante Ausbau der Kernenergie in den USA und weltweit wird eine signifikante Nachfragesteigerung für Uran mit sich bringen. Diese Entwicklung könnte die Uran-Märkte nachhaltig beeinflussen, da die vorhandenen Minen und Produktionskapazitäten den Bedarf nicht allein decken können.
Strukturwandel und Chancen für Investoren
Die aktuelle Dynamik rund um die Kernenergie zeigt, dass der Sektor für Investoren zunehmend an Bedeutung gewinnt. Besonders hervorzuheben sind:
- Langfristige Abnahmevereinbarungen (PPA) bieten Planungssicherheit und Stabilität für beide Parteien, sowohl für Energieerzeuger als auch -abnehmer.
- SMRs bieten flexible Skalierungsmöglichkeiten und schnellere Realisierbarkeit im Vergleich zu traditionellen Kernkraftwerken.
- Politische Unterstützung durch Regierungen sorgt für eine reduzierte Unsicherheit und verringert das Risiko von regulatorischen Hürden.
Für Anleger bedeutet dies, dass Kernenergie nicht mehr nur als politisches Thema, sondern als strategische Säule der digitalen Infrastruktur und der zukünftigen Energieversorgung betrachtet wird.
