Die Renaissance der Atomenergie: Ein globales Umdenken

Von Heinz Gerhard Schwind
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Die Atomenergie erlebt derzeit ein bemerkenswertes Comeback. Klimawandel, steigende Energiekosten und geopolitische Unsicherheiten zwingen Länder, ihre Energiequellen zu überdenken. Die einst umstrittene Atomkraft rückt als potenzieller Lösungsansatz in den Vordergrund, da sie eine saubere, stabile und sichere Energieversorgung bietet. Länder wie Frankreich, Japan und die USA treiben den Ausbau ihrer Atomkraftwerke voran, und selbst Länder wie Singapur prüfen diese Option.

Steigende Energiepreise und Klimawandel

Einer der Haupttreiber der Atomrenaissance ist die Sicherung der Energieversorgung. Der Krieg in der Ukraine hat die Abhängigkeit vieler Länder von fossilen Brennstoffen wie Gas verdeutlicht und die Preise in die Höhe getrieben. Zudem ist der Druck, die CO₂-Emissionen zu senken, aufgrund der immer dramatischer werdenden Auswirkungen des Klimawandels gestiegen. Extreme Wetterereignisse wie Überschwemmungen und Hitzewellen unterstreichen die Dringlichkeit einer klimafreundlicheren Energieerzeugung.

Michael Short, Nuklearexperte am Massachusetts Institute of Technology (MIT), fasst die Vorteile der Atomenergie wie folgt zusammen: „Erstens, sie ist kohlenstofffrei. Zweitens, sie sichert die inländische Energieversorgung. Drittens, sie sorgt für stabile, niedrige Preise.“

Weltweiter Ausbau der Atomenergie

Auf der Klimakonferenz 2023 in Sharm El-Sheikh verpflichteten sich 25 Länder, die globale Atomkapazität bis 2050 zu verdreifachen. Laut der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) trägt die Atomkraft derzeit etwa 10 % zur weltweiten Stromerzeugung bei, doch diese Zahl könnte bis 2050 auf 950 Gigawatt steigen – das Zweieinhalbfache der heutigen Kapazität.

Frankreich, das bereits 70 % seines Stroms aus Atomkraft bezieht, plant den Bau von 14 weiteren Reaktoren bis 2050. Japan hingegen möchte nach der Fukushima-Katastrophe 2011 seine stillgelegten Reaktoren wieder hochfahren. Auch Länder wie die Schweiz, die sich nach Fukushima gegen Atomenergie entschieden hatten, denken nun über einen Wiedereinstieg nach.

Atomkraft und alternative Energiequellen

Warum Atomenergie, wenn erneuerbare Energien wie Sonne, Wind und Wasser zur Verfügung stehen? Für viele Länder, insbesondere solche mit begrenzten natürlichen Ressourcen, bietet die Atomkraft eine effizientere und zuverlässigere Lösung. Singapur beispielsweise, das über wenig Platz für große Solaranlagen verfügt, untersucht die Möglichkeit des Einsatzes von kleinen modularen Reaktoren (SMRs), die sicherer und kompakter als herkömmliche Reaktoren sind.

„SMRs könnten eine realistische Option für Singapur sein, da sie über eingebaute Sicherheitsmerkmale verfügen und weniger Platz beanspruchen“, sagt Puah Kok Keong, Geschäftsführer der Energiebehörde Singapurs.

Zukunft der Atomkraft

Neben der fissionbasierten Atomenergie (Spaltung von Atomen) wird auch an der Kernfusion geforscht, die noch sicherer und leistungsfähiger sein soll. In der Kernfusion, die auch die Sonne antreibt, entstehen keine hochradioaktiven Abfälle, und die Gefahr von Reaktorkatastrophen ist praktisch ausgeschlossen. Doch diese Technologie wird frühestens in den 2040er Jahren zur Verfügung stehen.

Trotz der positiven Entwicklungen bleibt die öffentliche Meinung zur Atomkraft gemischt. „Es braucht Zeit, bis die Menschen für eine Technologie offen sind, die in den Nachrichten oft als gefährlich dargestellt wird“, erklärt Michael Short. Um diese Akzeptanz zu erhöhen, setzt er auf umfassende Aufklärungsarbeit.

Atomenergie könnte ein entscheidender Baustein in der globalen Energiezukunft sein – vorausgesetzt, die Sicherheitsbedenken werden ernst genommen und innovative Technologien wie SMRs und Kernfusion rechtzeitig bereitgestellt.

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