Patriotische Symbolik sorgt für Spannungen
Eine ungewöhnliche Welle patriotischer Aktionen beschäftigt derzeit das Vereinigte Königreich. Bürgerinnen und Bürger hissen vermehrt Union Jack und Georgskreuz an privaten Häusern, Laternenmasten und sogar auf Straßen. Die Kampagne, die unter dem Namen „Operation Raise the Colours“ in sozialen Netzwerken kursiert, ruft zu sichtbarem Bekenntnis zu nationalen Symbolen auf.
Während Befürworter den Ausdruck von Stolz und Identität betonen, kritisieren Gegner eine politische Instrumentalisierung der Flaggen. Der Streit offenbart die tiefe Spaltung in Fragen von Patriotismus, Migration und Zusammenhalt.
Behörden zwischen Toleranz und Verbot
Kommunen reagieren unterschiedlich: In Tower Hamlets entfernte die Stadtverwaltung umgehend Fahnen von Laternen, während in Birmingham Hunderte Flaggen aus Sicherheitsgründen abgehängt wurden. Kritiker warfen den Behörden jedoch Doppelmoral vor, da in denselben Stadtvierteln monatelang palästinensische Fahnen hingen, ohne dass eingegriffen wurde.
Ein Sprecher von Tower Hamlets betonte: „Wir respektieren das Recht auf Meinungsäußerung. Aber wenn Fahnen ohne Genehmigung an städtischer Infrastruktur angebracht werden, sind wir verpflichtet, diese im Rahmen von Wartungsarbeiten zu entfernen.“
Einfluss von rechten Gruppen vermutet
Die Hintergründe der Aktion bleiben unklar. Auffällig ist allerdings, dass bekannte Rechtspopulisten wie Nigel Farage und Unterstützer des rechtsextremen Aktivisten Tommy Robinson Sympathien äußerten. In Kommunen mit Einfluss der Reform-Partei blieben viele Flaggen hängen und wurden in sozialen Medien als Ausdruck nationaler Stärke gefeiert.
Organisationen wie Stand Up to Racism warnen: „Diese Bewegung birgt die Gefahr, dass Patriotismus von der extremen Rechten vereinnahmt wird. Gerade in dieser Phase ist das äußerst gefährlich.“
Begrenzte Resonanz trotz großer Aufmerksamkeit
Obwohl die Aktion mediale Beachtung findet, bleibt ihre Reichweite begrenzt. Die Facebook-Gruppe von „Operation Raise the Colours“ zählt lediglich rund 1400 Mitglieder, und lokale Initiativen sammelten bisher nur wenige Tausend Pfund für neue Flaggen. Das deutet darauf hin, dass es sich eher um punktuelle Aktionen handelt als um eine landesweite Bewegung.
Premierminister Starmer betont Patriotismus
Die Debatte erreichte auch die politische Spitze. Premierminister Keir Starmer äußerte sich indirekt, aber zustimmend: „Wir haben rund um die Downing Street englische Flaggen gehisst, wenn unsere Nationalmannschaften antreten. Der Premierminister ist stolz, ein Brite und ein Patriot zu sein.“
Mit dieser Formulierung stellte Starmer klar, dass er die Symbole grundsätzlich unterstützt. Zugleich wich er einer direkten Bewertung der Konflikte in einzelnen Städten aus.
Historische Parallelen zum Brexit
Das Hissen von Fahnen erinnert an die Brexit-Ära, als Union Jack und Georgskreuz regelmäßig auf Demonstrationen gezeigt wurden. Damals wie heute zeigt sich, dass die britische Gesellschaft bei Fragen nationaler Identität gespalten ist. Während die einen die Flagge als Ausdruck von Stolz sehen, befürchten andere, dass sie von populistischen Bewegungen als politisches Kampfzeichen missbraucht wird.