Schweizer Franken verliert Stärke – Zinssenkung rückt näher

Von Karin Gutmann
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Franken auf Talfahrt nach schwachen Inflationsdaten

Der Schweizer Franken hat zu Wochenbeginn deutlich nachgegeben. Gegenüber dem Euro fiel er auf 0,9293 Franken, den niedrigsten Stand seit rund zweieinhalb Wochen. Auch zum US-Dollar erreichte die Währung ein neues Mehrwochentief. Der Grund für den Rückgang liegt in den jüngsten Inflationszahlen, die schwächer ausfielen als von Ökonomen erwartet.

Im Oktober sank die Inflationsrate stärker als prognostiziert und blieb damit unter den Schätzungen der Finanzexperten. Der Preisauftrieb in der Schweiz hat sich weiter abgeschwächt – ein Hinweis darauf, dass die wirtschaftliche Dynamik nachlässt. Die überraschende Entwicklung hat Spekulationen über eine bevorstehende Lockerung der Geldpolitik durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) entfacht.

Analysten rechnen mit Rückkehr zu Negativzinsen

Nach Einschätzung mehrerer Analysten könnte die SNB bereits im kommenden Jahr auf die schwache Preisentwicklung reagieren. Laut Adrian Prettejohn, Ökonom bei Capital Economics, ist eine Zinssenkung bis Mitte 2026 wahrscheinlich. „Wir gehen davon aus, dass die Inflation längere Zeit sehr niedrig bleiben und im Durchschnitt des nächsten Jahres bei null Prozent liegen wird“, erklärte Prettejohn.

Er erwartet, dass die SNB den Leitzins um 25 Basispunkte auf minus 0,25 Prozent senken könnte. Damit würde die Schweiz als eines der ersten Industrieländer wieder in den Bereich der Negativzinsen zurückkehren – eine Maßnahme, die sie erst vor drei Jahren beendet hatte.

Eine solche Entscheidung würde den Franken zusätzlich schwächen, was die Exportindustrie kurzfristig entlasten, aber gleichzeitig Kapitalabflüsse auslösen könnte. Anleger reagieren daher vorsichtig, während Devisenhändler die Entwicklung aufmerksam verfolgen.

Geldpolitisches Dilemma für die Nationalbank

Die Schweizerische Nationalbank befindet sich in einer heiklen Lage. Einerseits spricht die niedrige Inflation für eine Lockerung der Geldpolitik. Andererseits droht eine zu starke Abwertung des Franken, wenn die Zinsen zu früh gesenkt werden.

SNB-Präsident Thomas Jordan hatte zuletzt betont, dass die Zentralbank weiterhin „auf Preisstabilität als oberstes Ziel“ fokussiert sei. Eine Entscheidung über mögliche Zinsschritte werde „auf Basis der Datenlage und nicht der Markterwartungen“ getroffen.

Gleichzeitig zeigt sich, dass die geldpolitische Lage in der Schweiz zunehmend von den internationalen Märkten beeinflusst wird. Während die US-Notenbank (Fed) und die Europäische Zentralbank (EZB) an einem restriktiven Kurs festhalten, könnte ein Zinsschritt der SNB die Zinsdifferenz vergrößern – mit dem Risiko, dass Kapital in den Dollarraum abfließt.

Exportwirtschaft profitiert, Anleger bleiben wachsam

Ein schwächerer Franken könnte für die Schweizer Wirtschaft durchaus Vorteile bringen. Unternehmen, die einen großen Teil ihrer Umsätze im Ausland erzielen, etwa aus der Pharma-, Chemie- oder Maschinenindustrie, profitieren von einer besseren Wettbewerbsposition. Ihre Produkte werden auf den Weltmärkten günstiger, was die Nachfrage steigern könnte.

Trotzdem bleiben Investoren vorsichtig. Der Schweizer Leitindex SMI zeigte sich nach Veröffentlichung der Daten kaum verändert, während Staatsanleihen leicht zulegten. Marktteilnehmer rechnen mit einer Phase erhöhter Unsicherheit, bis die SNB ihre künftige Strategie klarer signalisiert.

Ökonomen verweisen zudem darauf, dass die aktuelle Entwicklung den Handlungsspielraum der Nationalbank einschränkt. Sollte sich die Inflation weiter abschwächen, wäre die Rückkehr zu einem negativen Leitzins kaum zu vermeiden.

Zinswende mit weitreichenden Folgen

Die mögliche Rückkehr zu Minuszinsen erinnert an die geldpolitische Phase zwischen 2015 und 2022, in der die SNB den Leitzins bei minus 0,75 Prozent hielt, um den Franken zu schwächen und die Wirtschaft zu stützen. Diese Politik sorgte damals für eine starke Liquidität am Finanzmarkt, führte aber auch zu steigenden Immobilienpreisen und erhöhter Verschuldung im Unternehmenssektor.

Sollte die SNB nun erneut zu einer negativen Verzinsung greifen, müssten Banken, Pensionskassen und Investoren ihre Strategien anpassen. Niedrigere Zinsen könnten Kredite verbilligen, gleichzeitig aber den Druck auf die Renditen von Sparanlagen weiter erhöhen.

„Die Schweiz befindet sich erneut an einem geldpolitischen Wendepunkt“, meint ein Analyst der Zürcher Kantonalbank. „Die Entscheidung der SNB wird nicht nur über die Stärke des Franken, sondern auch über die Stabilität der heimischen Finanzmärkte entscheiden.“Die nächsten Monate werden zeigen, ob sich die Inflation weiter abschwächt oder ob sich die Wirtschaft stabilisiert. Sollte der Preisdruck ausbleiben, dürfte die Zentralbank kaum um eine Zinssenkung herumkommen – und der Franken könnte seine Rolle als einer der stärksten Währungen der Welt vorübergehend einbüßen.

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