EU-Parlament kippt Brandmauer und schwächt Lieferkettenrecht

Von Heinz Gerhard Schwind
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Machtverschiebung in Brüssel

In Brüssel ist eine politische Zäsur eingetreten: Mit einer Mehrheit von 382 Stimmen gegen 249 und 13 Enthaltungen hat das Europäische Parlament das umstrittene Lieferkettengesetz spürbar abgeschwächt. Erstmals fiel damit die sogenannte Brandmauer zwischen konservativen und rechten Fraktionen.
Die neue Mitte-Rechts-Allianz setzte sich gegen heftigen Widerstand von Grünen, Sozialdemokraten und Linken durch – ein Schritt, der die politische Landkarte Europas neu ordnen könnte.

Neue Mehrheit formt Wirtschaftsagenda

Die Europäische Volkspartei (EVP) bildete das Rückgrat der Abstimmung, flankiert von der ECR-Fraktion, mehreren rechten Gruppierungen und wirtschaftsnahen Liberalen – darunter auch Abgeordnete der FDP.
Das neue Regelwerk reduziert den Geltungsbereich deutlich: Nur noch Unternehmen mit über 5.000 Beschäftigten und einem Umsatz von mindestens 1,5 Milliarden Euro sollen künftig verpflichtet sein, Menschenrechts- und Umweltstandards in ihren Lieferketten zu prüfen.

Zudem entfällt die EU-weite Haftung, die bislang bei Verstößen vorgesehen war. Auch die Pflicht, jede einzelne Stufe globaler Lieferketten zu kontrollieren, wird gestrichen. Stattdessen sollen sich die Prüfungen nur auf Bereiche mit erhöhtem Risiko konzentrieren. Sogar die Klimaplan-Verpflichtungen verschwinden aus dem Entwurf – eine Kehrtwende, die viele Abgeordnete als historischen Bruch bezeichnen.

Grüner Aufschrei über „verlorenes Europa“

Die Entscheidung löste besonders bei den Grünen Empörung aus. Fraktionschefin Terry Reintke sprach von einem „dunklen Tag für Europa“. Auf der Plattform X schrieb sie: „Heute wurde der Schutz vor Kinderarbeit und Umweltzerstörung geopfert – die Brandmauer ist gefallen.“
Damit reagierte sie auf den Bruch einer bisherigen Tabugrenze: Die Kooperation zwischen Christdemokraten und rechten Fraktionen war in Brüssel lange undenkbar.

Konservative feiern „Ende der Bürokratie“

Ganz anders die Reaktionen aus den Reihen der EVP. Fraktionsvorsitzender Manfred Weber (CDU) bezeichnete die Abstimmung als „guten Tag für die Wettbewerbsfähigkeit Europas“. Wörtlich erklärte er: „Heute beginnt das Ende der europäischen Bürokratie.“
Auch Bundeskanzler Friedrich Merz hatte sich wiederholt für eine Überarbeitung der Regelungen eingesetzt und eine schnelle Einigung angemahnt. Für ihn steht fest: Die Wirtschaft brauche weniger Auflagen, nicht mehr Vorschriften.

Rechte Fraktionen wittern politischen Wendepunkt

Auch die AfD und weitere rechte Parteien feierten den Beschluss als Signalwende. Parteichefin Alice Weidel sprach von einem „fraktionsübergreifenden Sieg für Vernunft und Wirtschaft“. Sie erklärte: „Teile des Green Deal landen endlich dort, wo sie hingehören – im Papierkorb.“
Der AfD-Abgeordnete René Aust, Vorsitzender der ESN-Fraktion, legte nach: „Das ist erst der Beginn einer Politik, die Europa wieder auf Kurs bringt.“

Wirtschaft atmet auf – Brüssel lenkt ein

Der Druck aus der Wirtschaft war in den vergangenen Monaten stetig gewachsen. Zahlreiche Industrieverbände hatten gewarnt, dass das alte Gesetz „unausführbar“ sei und insbesondere mittelständische Betriebe überfordere.
Mit der Neufassung will Brüssel den Bürokratieaufwand reduzieren und den Fokus auf große Konzerne legen, die tatsächlich über internationale Liefernetzwerke verfügen. Auch die EU-Kommission hatte zuvor signalisiert, auf Korrekturen unter wirtschaftlichem Druck hinzuwirken.

Nächste Hürde: Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten

Die Entscheidung des Parlaments markiert erst den Beginn der nächsten Verhandlungsrunde. Nun liegt der Ball bei den 27 EU-Mitgliedsstaaten, die bis Jahresende einen gemeinsamen Text verabschieden wollen.
Besonders Frankreich und Skandinavien drängen auf eine Rückkehr zu strengeren Umweltstandards. Beobachter erwarten schwierige Gespräche, da nationale Interessen in diesem Dossier weit auseinanderliegen.

Europäische Politik im Umbruch

Das Abstimmungsergebnis zeigt eine neue Dynamik im Machtgefüge Europas. Erstmals seit Jahren konnte eine Allianz rechts der Mitte ein bedeutendes Gesetzesvorhaben gegen die Linke durchsetzen. Viele Analysten sehen darin einen Vorboten kommender Verschiebungen – insbesondere mit Blick auf die Europawahl im kommenden Jahr.
Das Signal aus Brüssel ist klar: Wirtschaftliche Realpolitik ersetzt zunehmend moralisch getriebene Symbolpolitik.

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