Größtes Einzelprojekt in der Geschichte des Konzerns
Der Chemiekonzern BASF hat in der chinesischen Stadt Zhanjiang den Betrieb seines neuen Chemiekomplexes aufgenommen. Wie das Unternehmen mitteilte, wurden im November die ersten Produktionsanlagen in Betrieb genommen, womit ein entscheidender Fortschritt beim größten Auslandsprojekt in der Firmengeschichte erreicht ist.
Mit einer Investitionssumme von 8,7 Milliarden Euro zählt der Standort zu den ambitioniertesten Industrieprojekten, die je von einem deutschen Unternehmen in Asien realisiert wurden. Der vollständig im Alleinbesitz von BASF befindliche Standort soll bis Ende des Jahres vollständig funktionsfähig sein und künftig neben Ludwigshafen und Antwerpen zu den drei wichtigsten Produktionszentren des Konzerns gehören.

BASF stärkt Position auf dem asiatischen Wachstumsmarkt
Asien und insbesondere China gelten längst als das Herz der globalen Chemienachfrage. Mit dem neuen Standort will BASF seine Marktposition in der Region Asien-Pazifik deutlich ausbauen. Die Nachfrage nach Kunststoffen, Spezialchemikalien und Vorprodukten für Hightech-Industrien wächst dort weit schneller als in den westlichen Märkten.
„Wir wollen vor Ort produzieren, wo unsere Kunden sind“, erklärte ein Sprecher des Unternehmens. Durch den neuen Verbundstandort könne BASF lokale Wertschöpfungsketten stärken und Lieferzeiten erheblich verkürzen. Die direkte Versorgung asiatischer Kunden soll helfen, Abhängigkeiten von europäischen Transportwegen zu verringern und die Wettbewerbsfähigkeit des Konzerns langfristig zu sichern.
Technisches Großprojekt mit globaler Ausrichtung
Der Standort Zhanjiang in der südchinesischen Provinz Guangdong soll nach Abschluss der letzten Bauphase zu den modernsten Chemiekomplexen der Welt zählen. Er umfasst mehrere Großanlagen für Basischemikalien, Kunststoffe und Spezialprodukte, die für verschiedene Industriezweige – etwa Elektronik, Automobilbau und Bauwesen – benötigt werden.
Das Gelände erstreckt sich über mehrere hundert Hektar und soll langfristig über 10.000 Arbeitsplätze schaffen. BASF setzt dabei auf modernste Technologie und digitale Prozesssteuerung. Besonders bemerkenswert: Der Standort ist das erste Großprojekt, das BASF ohne chinesischen Partner vollständig selbst betreibt – ein klares Zeichen für das Vertrauen in die eigene Markt- und Innovationskraft.
Kritik und geopolitische Vorbehalte
Das Engagement des Konzerns in China bleibt jedoch nicht ohne Widerspruch. Wirtschaftsexperten und Politiker äußern Sorgen über zu starke Abhängigkeiten von einem Land, dessen Verhältnis zu Europa zunehmend von Spannungen geprägt ist. Auch Umweltverbände äußern Bedenken hinsichtlich Energieverbrauch und Emissionen.
BASF verweist dagegen auf seine hohen Nachhaltigkeits- und Sicherheitsstandards. Der Standort wird laut Konzernangaben weitgehend mit erneuerbarer Energie betrieben und soll künftig als Modell für klimafreundliche Chemieproduktion dienen. Das Unternehmen sieht das Projekt als wichtigen Schritt, um die Balance zwischen Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit und globaler Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.
Entscheidung in schwierigen Zeiten
Die Investition erfolgt in einem Umfeld globaler Unsicherheit. Steigende Energiepreise, schwache europäische Nachfrage und geopolitische Spannungen setzen die Chemiebranche weltweit unter Druck. Trotzdem hält BASF an seinem langfristigen Wachstumspfad fest.
„Wir investieren dort, wo Wachstum entsteht – und das ist in Asien“, sagte Vorstandschef Martin Brudermüller. Mit dem neuen Werk will der Konzern von der industriellen Expansion Chinas profitieren, die trotz temporärer Konjunkturprobleme weiterhin starke Impulse liefert. Experten sehen darin eine strategische Entscheidung, um den Rückgang des europäischen Chemiegeschäfts durch Dynamik in Asien auszugleichen.
Auswirkungen auf die deutsche Industrie
Während in China Milliarden fließen, setzt BASF in Deutschland auf Kostendisziplin und Umstrukturierung. Der Stammsitz in Ludwigshafen bleibt zwar das Forschungs- und Innovationszentrum des Unternehmens, doch Teile der Produktion werden aus wirtschaftlichen Gründen ins Ausland verlagert.
In den vergangenen Monaten hat der Konzern Hunderte Arbeitsplätze gestrichen und mehrere Anlagen stillgelegt. Dennoch betont das Management, dass die technologische Kompetenz und die Entwicklung neuer Verfahren weiterhin in Deutschland gebündelt bleiben sollen. Das Werk in China soll als Produktionsbasis für den asiatischen Markt dienen, während in Europa die Forschung vorangetrieben wird.
BASF setzt auf global vernetzte Produktion
Mit der neuen Anlage in Zhanjiang verfolgt BASF konsequent seine Strategie, globale Präsenz mit lokaler Wertschöpfung zu verbinden. Ziel ist es, regionale Märkte effizient zu bedienen, Risiken zu streuen und die Produktion nachhaltiger zu gestalten.
Der Konzern beschäftigt weltweit rund 112.000 Mitarbeiter und erzielte 2024 einen Umsatz von etwa 87 Milliarden Euro. Durch den Ausbau der Kapazitäten in China will BASF seine internationale Wettbewerbsfähigkeit sichern und den Wandel hin zu einer stärker dezentralen, klimafreundlichen Chemieproduktion beschleunigen.
