Industrie im freien Fall – Autohersteller im Krisenmodus

Von Heinz Gerhard Schwind
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Die deutsche Industrie befindet sich in einer ihrer schwersten Phasen seit Jahren. Im August 2025 brach die gesamte Industrieproduktion um 4,3 Prozent ein – ein Absturz, wie ihn das Statistische Bundesamt seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs 2022 nicht mehr gemessen hat. Der dramatischste Einbruch trifft das Herzstück der deutschen Wirtschaft: die Automobilindustrie, deren Produktion um 18,5 Prozent gegenüber Juli kollabierte.

Automobilbranche erlebt historischen Einbruch

Besonders deutlich wird die Krise in den Produktionshallen der großen Autohersteller. Die Automobilproduktion, einst Symbol deutscher Ingenieurskunst, erlebte einen regelrechten Kollaps. Werksferien und Modellumstellungen allein können diesen Absturz nicht erklären. „Das ist ein heftiger Schlag ins Gesicht der deutschen Konjunktur“, kommentiert LBBW-Analyst Jens-Oliver Niklasch.

Seit April dieses Jahres zeigt der Trend klar nach unten. Nur ein einziger Monat brachte ein kleines Plus, alle anderen weisen Rückgänge aus. Für Ökonomen ist der Einbruch ein Menetekel: Die größte Industriebranche des Landes verliert zunehmend an Wettbewerbsfähigkeit, während internationale Märkte davonziehen. „Wir erleben kein saisonales Problem, sondern eine strukturelle Schwäche, die sich immer tiefer in die Produktionslandschaft frisst“, so ein Branchenexperte.

Breiter Einbruch quer durch alle Sektoren

Auch jenseits der Autokonzerne herrscht Alarmstimmung. Der Maschinenbau verzeichnete ein Minus von 6,2 Prozent, die Pharmaindustrie verlor 10,3 Prozent an Produktionsleistung, und die Hersteller elektronischer und optischer Geräte meldeten einen Rückgang um 6,1 Prozent. Die Produktion von Investitionsgütern fiel um 9,6 Prozent, Konsumgüter sanken um 4,7 Prozent, während Vorleistungsgüter wie Chemikalien und Metalle leicht um 0,2 Prozent zurückgingen.

Nur wenige Bereiche trotzen der Talfahrt: Die Bauwirtschaft legte um 0,6 Prozent zu, und die energieintensiven Branchen konnten minimale Zuwächse von 0,2 Prozent verbuchen. Doch das reichte bei weitem nicht, um den massiven Absturz der Gesamtproduktion zu kompensieren.

Handelspolitik und Energiepreise als Brandbeschleuniger

Neben internen Schwächen belasten äußere Faktoren die Lage zusätzlich. „Deutschland ist eines der Hauptopfer der Zollpolitik des US-Präsidenten Donald Trump“, warnt Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. Die von Washington verhängten Importzölle auf Maschinen, Autos und Stahlprodukte erschweren den Export und treffen die exportorientierte deutsche Industrie mit voller Wucht.

Hinzu kommen erdrückend hohe Energiepreise und eine anhaltende Bürokratieflut, die Produktionsprozesse verteuern und Innovationsprojekte bremsen. Viele Unternehmen verlagern daher ihre Fertigung in Länder mit günstigeren Rahmenbedingungen. Laut Branchenverbänden drohen in den kommenden zwölf Monaten mehrere Werksschließungen, insbesondere bei Zulieferbetrieben im süddeutschen Raum.

Einbruch gefährdet Wachstum und Arbeitsplätze

Die gesamtwirtschaftliche Produktion fiel im August um 3,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Ökonomen hatten lediglich mit einem Minus von 0,9 Prozent gerechnet. Das zeigt, wie tief der Schock tatsächlich sitzt. Zugleich sank die Zahl der neuen Aufträge bereits den vierten Monat in Folge – um 0,8 Prozent, ohne Großaufträge sogar um 3,3 Prozent.

Die Industrie fährt derzeit mit angezogener Handbremse, und das überträgt sich auf die gesamte Wirtschaft“, erklärt ein Analyst der Commerzbank. Der Exportüberschuss schmilzt, die Produktivität stagniert, und die Arbeitslosigkeit droht in der zweiten Jahreshälfte spürbar anzuziehen.

Führende Wirtschaftsinstitute haben deshalb ihre Wachstumsprognose für 2025 auf 0,2 Prozent gesenkt – ein fast vollständiger Stillstand. Erst 2026 und 2027 wird eine leichte Erholung erwartet, getragen von staatlichen Infrastrukturinvestitionen und Rüstungsausgaben. Doch viele Experten warnen: Ohne grundlegende Strukturreformen droht der industrielle Niedergang dauerhaft zu werden.

„Winter unseres Missvergnügens“ droht

Die Stimmung in der Wirtschaft ist düster. „Statt eines Herbstes der Reformen erleben wir einen Winter unseres Missvergnügens“, so Niklasch. Unternehmen klagen über eine Energiewende ohne Planungssicherheit, über fehlende Fachkräfte und investitionsfeindliche Steuern. Immer mehr Mittelständler denken laut über Abwanderung nach.Die einstige Exportnation Deutschland steht damit an einem Wendepunkt: Ihre industrielle Basis erodiert, während internationale Wettbewerber – vor allem aus Asien und Nordamerika – expandieren. Sollte die Entwicklung anhalten, droht dem Land ein Verlust seiner Rolle als Industriemotor Europas.

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