Der drittgrößte Reiseanbieter Europas, FTI Touristik GmbH, hat Insolvenz angemeldet. Diese Entscheidung betrifft unmittelbar zahlreiche Urlauber, deren geplante Reisen ab morgen, dem 4. Juni, möglicherweise abgesagt oder nur teilweise durchgeführt werden können. Das Unternehmen teilte mit, dass der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beim Amtsgericht München eingereicht wurde.
Auswirkungen auf Reisende und Maßnahmen zur Schadensbegrenzung
Die sofortigen Auswirkungen der Insolvenz sind erheblich. Reisen, die noch nicht begonnen haben, können voraussichtlich nicht mehr wie geplant durchgeführt werden. Für bereits angetretene Reisen wird jedoch intensiv daran gearbeitet, diese wie vorgesehen abzuschließen. Die FTI Group, zu der FTI Touristik gehört, erklärte: „Derzeit wird mit Hochdruck daran gearbeitet, dass die bereits angetretenen Reisen auch planmäßig beendet werden können.“
Rolle des Deutschen Reisesicherungsfonds
Der im Jahr 2021 gegründete Deutsche Reisesicherungsfonds wird nun aktiv, um die Auswirkungen auf die Kunden zu mildern. Der Fonds, der von der deutschen Touristikwirtschaft organisiert und vom Bundesjustizministerium beaufsichtigt wird, soll Vorauszahlungen der Kunden erstatten, gestrandete Urlauber zurückbringen und deren Unterbringung bis zum Rücktransport sicherstellen. Diese Maßnahme wurde nach der Insolvenz von Thomas Cook im September 2019 eingeführt, als die Versicherung wegen einer Haftungsbeschränkung nur einen Teil der Kosten ersetzte und der Staat mit Millionenhilfen einspringen musste.
Finanzielle Schwierigkeiten und gescheiterte Verhandlungen
Bereits am vergangenen Wochenende erlitten die Verhandlungen um eine finanzielle Rettung von FTI einen Rückschlag. Der Bund lehnte weitere Hilfen ab, nachdem er FTI während der Corona-Pandemie mit rund 600 Millionen Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds unterstützt hatte. Bislang konnte FTI nur einen Bruchteil dieser Summe zurückzahlen. Ein Konsortium unter Führung des US-Finanzinvestors Certares hatte geplant, die FTI Group für einen Euro zu übernehmen und 125 Millionen Euro frisches Kapital zu investieren. Die Buchungszahlen blieben jedoch hinter den Erwartungen zurück, und viele Lieferanten verlangten Vorkasse, was zu einem erhöhten Liquiditätsbedarf führte. Laut FTI konnte dieser Bedarf bis zum Abschluss des Investorenprozesses nicht mehr gedeckt werden. Das Handelsblatt berichtete von einer kurzfristigen Deckungslücke in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrags.
Unternehmensstruktur und wirtschaftliche Entwicklung
Die FTI Group beschäftigt rund 11.000 Mitarbeiter. Nach einer schwierigen Phase während der Corona-Pandemie konnte der Reisekonzern, der nach TUI und DER Touristik der drittgrößte in Europa ist, zwischenzeitlich aufgrund gestiegener Nachfrage wieder positive Entwicklungen verzeichnen. Im Geschäftsjahr 2022/2023 erzielte FTI ein Umsatzplus von zehn Prozent auf 4,1 Milliarden Euro und erwirtschaftete einen Gewinn im zweistelligen Millionenbereich.
Zukünftige Perspektiven und Herausforderungen
Die Zukunft von FTI bleibt ungewiss. Die Insolvenz betrifft zunächst die Veranstaltermarke FTI Touristik, jedoch wird erwartet, dass auch für weitere Konzerngesellschaften entsprechende Anträge gestellt werden. Die kommenden Wochen werden entscheidend dafür sein, wie sich die Situation für die Mitarbeiter, die Kunden und die gesamte Reisebranche weiterentwickelt.
Zitate und Stimmen zur Insolvenz
FTI selbst äußerte sich in einer Mitteilung: „Hinzu kam, dass zahlreiche Lieferanten auf Vorkasse bestanden haben. In der Folge kam es zu einem erhöhten Liquiditätsbedarf, welcher bis zum Closing des Investorenprozesses nicht mehr überbrückt werden konnte.“ Diese Worte verdeutlichen die Dramatik der Situation und die Herausforderungen, denen das Unternehmen gegenübersteht.
Die Insolvenz von FTI markiert einen weiteren schweren Schlag für die Reisebranche, die sich noch immer von den Folgen der Corona-Pandemie erholt. Kunden müssen nun auf die Unterstützung des Deutschen Reisesicherungsfonds hoffen, während das Unternehmen selbst nach Lösungen sucht, um die Krise zu bewältigen. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob FTI einen Weg aus der Insolvenz finden kann oder ob dies das Ende eines der größten europäischen Reiseanbieter bedeutet.